Kurzinformation des wissenschaftlichen Dienstes im Deutschen Bundestag zu nächtlichen Fahrverboten für Lastkraftwagen auf Bundesfernstraßen – 16.11.2023

In Deutschland besteht kein generelles Nachtfahrverbot für Lastkraftwagen (Lkw) auf Bundesfernstraßen. Gleichwohl können auf einzelnen Straßen und Streckenabschnitten nächtliche Fahrten mit dem Lkw untersagt sein. Nachfolgend soll ein summarischer Überblick über die geltenden Regelungen erfolgen.

Das allgemeine Sonn- und Feiertagsfahrverbot ist in § 30 Abs. 3 und 4 Straßenverkehrsordnung (StVO) geregelt. Demnach dürfen an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 0 bis 22 Uhr zur geschäftsmäßigen oder entgeltlichen Beförderung von Gütern einschließlich damit verbundener Leerfahrten Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 7,5 Tonnen sowie Anhänger hinter Lastkraftwagen auf deutschen Straßen nicht verkehren.

Das darüber hinaus geltende Ferienreisefahrverbot ist in Deutschland in § 1 der Verordnung zur Erleichterung des Ferienreiseverkehrs auf der Straße geregelt. Danach dürfen Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 7,5 Tonnen sowie Lastkraftwagen mit Anhänger zur geschäftsmäßigen oder entgeltlichen Beförderung von Gütern einschließlich damit verbundener Leerfahrten vom 1. Juli bis zum 31. August an Samstagen in der Zeit von 7 bis 20 Uhr auf einigen in der Vorschrift näher bezeichneten Autobahnen und Bundesstraßen nicht verkehren.

Daneben können die Straßenverkehrsbehörden der Bundesländer hinsichtlich der in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Straßen(abschnitte) einzelne Regelungen zu etwaigen Nachtfahrverboten – sowie entsprechende Ausnahmen hiervon – treffen. Rechtsgrundlage hierfür ist die straßenverkehrsrechtliche Generalklausel des § 45 StVO, die eine Vielzahl verschiedenster Anordnungsgründe vorsieht. So können die Straßenverkehrsbehörden nach § 45 Abs. 1 S. 1 StVO die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie nach § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 sowie Abs. 1b Nr. 5 StVO zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen.

Über die Anordnung von Verkehrszeichen – und mithin auch nächtlichen Fahrverboten – darf entsprechend Rn. 1 der VwV-StVO zu den §§ 39 bis 43 der StVO nur in jedem Einzelfall und nur nach gründlicher Prüfung (ggf. unter Zuziehung ortsfremder Sachverständiger) entschieden werden.  Ob, wann und unter welchen Voraussetzungen ein nächtliches Fahrverbot für Lkw zu rechtfertigen ist, ist daher vom jeweiligen Einzelfall und den konkreten örtlichen Gegebenheiten, insbesondere Art, Maß und Umfang etwaiger Wohnbebauung sowie alternativen Streckenführungsmöglichkeiten abhängig.

Sofern und soweit im Einzelfall ein partielles Nachtfahrverbot für Lkw vorgesehen ist, wird dies durch das in Anlage 2 zur § 41 Abs. 1 StVO aufgeführte Zeichen Nr. 253 (ggf. mit weiteren Zusatzzeichen) angezeigt. Die eigentliche Umsetzung der Anordnung obliegt nach § 45 Abs. 5 StVO dem jeweiligen Baulastträger. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften. Verkehrsschilder, die – wie hier dargelegt – Ge- oder Verbote enthalten, stellen nach der Rechtsprechung Verwaltungsakte in Form der Allgemeinverfügung gemäß § 35 S. 2 des VwVfG dar (vgl. BVerwG). Eine vorherige Anhörung von gegebenenfalls betroffenen Bürgern muss daher nicht erfolgen; ein Begründungszwang entfällt (vgl. § 28 Abs. 2 Nr. 4, § 41 Abs. 3 S. 2 und § 39 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG).
Der Verstoß gegen das Nachtfahrverbot stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 des Straßenverkehrsgesetzes dar und wird nach Nr. 164 der BKatV in Verbindung mit Nr. 3.2 der Anlage Nr. 13 zu § 40 FeV mit einem Regelsatz von 60 Euro sowie einem Punkt im Fahreignungsregister geahndet.

Quellen:
– Straßenverkehrs-Ordnung vom 6. März 2013 (BGBl. I S. 367), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 18.Dezember 2020 (BGBl. I S. 3047) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/ (letzter Abruf dieses Links und aller weiteren am 19. März 2021).
– Verordnung zur Erleichterung des Ferienreiseverkehrs auf der Straße vom 13. Mai 1985 (BGBl. I S. 774), die zuletzt durch Artikel 5 der Verordnung vom 20. April 2020 (BGBl. I S. 814) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/ferreisev_1985/FerReiseV_1985.pdf.
– VwV-StVO: Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung VwV-StVO vom 26. Januar 2001 in der Fassung vom 22. Mai 2017 (BAnz AT 29.05.2017 B8), abrufbar unter: http://www.verwaltungsvorschriften-iminternet.de/bsvwvbund_26012001_S3236420014.htm.
– VwVfG: Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 25 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/.
– BVerwG, Urteil vom 23. September 2010, Az.: 3 C 37/09, NJW 2011, 246, 247.
– BKatV: Verordnung über die Erteilung einer Verwarnung, Regelsätze für Geldbußen und die Anordnung eines Fahrverbotes wegen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr vom 14. März 2013 (BGBl. I S. 498), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 20. April 2020 (BGBl. I S. 814) geändert worden ist, abrufbar unter:
https://www.gesetze-im-internet.de/bkatv_2013/.
– FeV: Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1980), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2905) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/fev_2010/.

You may also like...

Schreibe einen Kommentar